Was machen eigentlich die Verkehrssicherheitsberater?

Verkehrssicherheitsberater
Was machen eigentlich die Verkehrssicherheitsberater?
Die Verkehrssicherheitsberater sind für Sie Ansprechpartner in allen Fragen zum richtigen Verhalten im Straßenverkehr.

Die vier verstehen sich blind. Willi Taubner ist seit 35 Jahren bei den Verkehrssicherheitsberatern, Polizeihauptkommissar Joachim Thiel seit 12 Jahren, Polizeihauptkommissar Dirk Marten ist acht Jahre mit dabei und Polizeioberkommissarin Melanie Birr verstärkt vergleichsweise frisch seit zwei Jahren die Männertruppe. Langeweile kommt bei diesem Team nicht auf. Und das liegt nicht zuletzt am Tagesablauf, den die vier in Eigenregie organisieren.

„Auch wenn man flexibel sein muss: Viele Termine lassen sich trotzdem schon im Voraus planen", erklärt Joachim Thiel. „Schließlich beginnt die heiße Phase immer nach den großen Ferien, wenn wir bei verschiedenen Elternabenden unsere Arbeit vorstellen und dann die Trainings für die Kinder anbieten." Denn neben diesen Terminen stehen noch die praktischen Trainings, wie Fußgänger- oder Fahrradführerschein auf dem Programm. Außerdem finden auch unterschiedliche Veranstaltungen für Seniorinnen und Senioren statt.

In Zahlen ausgedrückt sind das im Jahr 2019 101 Termine in Kitas, 45 Fußgängertrainings in Grundschulen, Fußgängerprüfungen für 1.805 Schülerinnen und Schüler, 27 Elternabende mit fast 1.000 Eltern. Daneben neun Crash-Kurse, die 2.307 Schülerinnen und Schüler besucht haben und zwei Schulen, an denen im vergangenen Jahr 30 Schülerlotsen trainiert worden sind.

Kinder gucken sich ihr Verhalten ab

Das Ziel der Verkehrssicherheitsarbeit ist klar definiert: die Anzahl der Unfälle zu reduzieren und die Unfallfolgen zu minimieren. Die Arbeit ist langfristig ausgelegt und richtet sich an viele verschiedene Zielgruppen. Von den Kindern, über Heranwachsende, Eltern bis hin zu Senioren werden alle – auf unterschiedlichen Wegen – angesprochen. „Man sieht, dass bei Eltern ein Gespräch häufig länger hängen bleibt, als wenn sie eine Broschüre oder einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen", stellt Melanie Birr fest. „Leider beschäftigen sich Eltern nicht ausreichend mit dem Thema Verkehrssicherheit. Viele Erwachsene denken, dass die Kinder den Straßenverkehr genauso wahrnehmen wie sie selbst. Dass sie vom Geräusch einschätzen können, aus welcher Richtung ein Auto sich nähert. Oder dass ein kurzer Blick reicht, um die Straße zu überqueren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Kinder sind teilweise gar nicht in der Lage, alles zu erfassen." Doch genau das müssen Eltern verinnerlichen und dann im Umgang mit ihrem Nachwuchs umsetzen. „Das heißt auch beim Straße überqueren jedes Mal umständlich nach links und rechts zu sehen", stellt Dirk Marten fest. „Denn das Kind guckt sich sein Verhalten von den Großen ab. Laufen diese scheinbar achtlos über die Straße, ahmen die Kleinen das nach."

„Man braucht viel Leidenschaft"

Das zu wiederholen – immer und immer wieder – gehört zum Job. „Mit jedem Schuljahr beginnt die Arbeit von neuem und doch fühlt es sich nicht wie eine Sisyphusarbeit an. Wir haben das Gefühl etwas Sinnvolles zu machen", sagt Melanie Birr überzeugt. Was sonst noch für diesen Job wichtig ist, erklärt Dirk Marten: „Man muss kommunikativ sein, mit einer großen Portion Einfühlungsvermögen und natürlich auch dem Hintergrundwissen. Und nicht zuletzt benötigt man die Leidenschaft, den vielen verschiedenen Menschen, mit denen man zu tun hat, all das weiterzugeben." Und dann fügt er noch schmunzelnd hinzu: „Außerdem muss man wetterresistent sein. Die Polizei sagt keine Termine ab - wir sind bei Wind, Regen oder Schnee draußen."

„Ich hatte genug von Not, Leid und Brutalität"

Obwohl Melanie Birr selbst schon mehr als 20 Jahre als Polizistin gearbeitet hat, kam sie mit den Verkehrssicherheitsberatern erstmals als helfende Mutter beim Fahrradtraining ihrer Tochter in Berührung. „Ich fand diese Arbeit einfach toll", erinnert sie sich. „Zudem hatte ich bereits 20 Jahre als Polizistin gearbeitet und war an dem Punkt angelangt, an dem ich etwas anderes und positives machen wollte."

So ging es auch Dirk Marten irgendwann: „Als Polizist sieht man leider sehr viel Not, Leid und Brutalität. Oft wird man ja erst gerufen, wenn es schon zu spät ist, zum Beispiel eine Straftat bereits passiert ist." Als er dann angesprochen wurde, den Crash-Kurs zu moderieren, zögerte er nicht lange. Die Veranstaltung hat das Ziel die jungen Menschen und Fahranfänger mit drastischen Bildern und Erfahrungsberichten aus erster Hand aufzurütteln und für das Thema zu sensibilisieren. „Jetzt bin ich schon seit acht Jahren bei den Verkehrssicherheitsberatern dabei und immer noch sehr zufrieden damit", freut er sich. Joachim Thiel kann dem nur beipflichten: „Ich glaube, dass viele keine so genaue Vorstellung darüber haben, was wir hier machen und, dass man hier ganz schön Gas geben muss." Gleichzeitig hat auch er in dieser Tätigkeit seine berufliche Erfüllung gefunden. „Kinder sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Man muss sie stärken, damit sie keinen unnötigen Gefahren ausgesetzt sind." Alle vier müssen immer gute Laune versprühen – egal wie es ihnen gerade geht. „Aber auch wenn ich mal nicht so gut drauf bin, sobald ich die Kita betrete, legt sich ein Schalter um und ich fühle mich wie ein anderer Mensch." Das bestätigt auch Melanie Birr: „In dem Moment denkt man nicht an Probleme, sondern schaut nur, was für die Kinder gut und richtig ist."

Sein Wissen zu vermitteln, egal ob an ein verspieltes Kita-Kind oder einen schwerhörigen Senior, dafür hat jeder seine eigene Art. Und das zu verstehen war auch für den damaligen Neuling Melanie Birr ein Lernprozess. „Ich habe mir natürlich angeschaut wie meine Kollegen das machen", erklärt sie nachdenklich, „aber mittlerweile weiß ich, dass jeder es auf seine Weise machen muss. Wenn ich jemanden kopieren würde, weil er gut ankommt, das wäre ja auch nicht authentisch."

Polizei als Retter und Helfer

Und noch eines ist dem Team wichtig: Sie wollen, dass die Kinder die Berührungsängste zur Polizei verlieren. „Viele Eltern drohen ihren Kindern, nach dem Motto: Wenn du nicht aufhörst, kommt die Polizei und sperrt dich ein", erklärt Dirk Marten.

„Aber genau das wollen wir doch vermeiden. Wenn etwas passiert, dann wollen wir doch, dass Kinder sich an einen Polizisten wenden und keinen Fremden um Hilfe bitten."

Vielleicht, so seine Hoffnung, kann er Kindern diese Ängste nehmen – mit einem offenen Ohr und einem freundlichen Gespräch.

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110