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Jasmin Hammes (34) und ihr Wallach Colorado (13) sind seit vier Jahren Partner.
Colorado bleibt cool
„Hier möchte ich gern Pferd sein“, sagte Innenminister Herbert Reul, als er das neue Zuhause der Landesreiterstaffel in Wattenscheid besuchte. 32 treue Staatsdiener tragen dort Fell.
Streife-Redaktion

Besuch am neuen Standort der NRW-Landesreiterstaffel in Wattenscheid. Dort sind Oberkommissarin Jasmin Hammes (34) und ihr Dienst-Schimmel Colorado (13) im Juni eingezogen. Seit vier Jahren sind sie und der Vierbeiner Partner im Dienst. Mit ihnen sind alle Reiter-Kollegen, die bisher in Willich am Niederrhein und in Dortmund waren, umgezogen. Es ist Mittwoch. Am Wochenende spielt Preußen Münster gegen Ahlen, Regionalliga. Das steht auf dem Dienstplan. Auch Hammes und Colorado werden mit Streifenwagen und Pferdeanhänger ins Münsterland reisen. Drei bis vier Einsätze haben sie pro Woche. Mit Putzen, Satteln und Striegeln werden sie mindestens elf Stunden unterwegs sein. Heute aber ist ein ruhiger Tag. Die Reiterin besucht den Vierbeiner im Stall: vier mal vier Meter Box – groß, hell, luftig. Colorado steht draußen im Paddock. Ein Pfiff. Er kommt, leckt die Hände von Hammes. Die krault ihn zwischen den Ohren und entschuldigt sich: „Heute habe ich keine Karotte mit.“

Neben ihm in der Stallgasse stehen Commander, Alabama und Alessandro – Gefährten aus Willich. Gegenüber schnauben Calli und Digger aus Dortmund. Seit neun Wochen sind sie jetzt Nachbarn und müssen sich noch aneinander gewöhnen. „Pferde sind Herdentiere und haben eine strikte Rangordnung. Aber bei der Polizei darf natürlich niemand zwicken, beißen oder treten“, erklärt Hammes, die schon als Kind Reithosen und -stiefel trug. In ihrem Heimatdorf im Bergischen Land leben mehr Pferde als Menschen.

„Das ist mein Traumberuf“, sagt Hammes, die bei Wind und Wetter draußen ist. Wenn es regnet, schwingt sie sich in einem schweren Dienstmantel in Gelb in den Sattel. Im Winter helfen Heizkissen im Stiefel, damit die Füße nicht vor Kälte taub werden. Colorados Uniform besteht aus einem Visier aus Plexiglas, das die Augen gegen Steine und Glasflaschen schützen soll. Bei Schummerlicht trabt er mit Leuchtdecke.

Polizeipferde dürfen keine Angst vor Straßenbahnen haben und auch nicht scheuen, wenn Autos hupen oder gar Schüsse fallen. Deshalb hat jedes Pferd auf dem Polizei-Hof ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. „Ein ruhiger Charakter ist wichtig“, erklärt Hammes. Aber auch Neugierde.

Ortswechsel: Auf einem überdachten Parkplatz stehen Streifenwagen mit Pferdeanhängern. Daneben liegt ein Reitplatz mit speziellem Ebbe- und Flut-Unterbau. Ein Drainagesystem sorgt dafür, dass der Boden optimal ist: locker und feucht. Auf geharktem Sand probt die Staffel eine Extremsituation: Kollegen scheppern mit Blechdosen, schwenken Fahnen vor den Nüstern der Tiere, schleudern ihnen rote Bälle entgegen. Gewöhnliche Pferde würden jetzt flüchten. Diese nicht. Die Reiter haben die Lage von oben gut im Blick und rücken in Kette vor. Schenkeldruck. Die Pferde fallen in einen leichten Trab, kesseln die Störer ein. Im Ernstfall würde jetzt die Hundertschaft übernehmen.

Vom Gatter aus beobachtet der Erste Polizeihauptkommissar Thorsten Maicher (58) die Pferde und Reiter. Maicher ist selbst nie geritten, aber er hat bereits beim SEK in Essen das Kommando geführt und viele Jahre die Technische Einsatzeinheit in Bochum geleitet. Jetzt soll er als Chef die Reiterstaffeln aus Willich und Dortmund zu einer Truppe zusammenschmieden. Die Reiterstaffel arbeitet eng mit der Bereitschaftspolizei zusammen. In den vergangenen Monaten hat er nicht nur die Einsätze seiner neuen Mannschaft koordiniert, sondern auch viel über Vierbeiner gelernt: „Hufschmied, Sattler, Osteopathen, jeden Tag ist hier was los.“

Colorado und Oberhauptkommissarin Hammes sind inzwischen im Einsatz. Umweltaktivisten haben vor einigen Wochen unter Missachtung der Bannmeile unangemeldet demonstriert und sind auf das Dach des Landtags geklettert. Seitdem reitet die Staffel zwischen Ministerium und Rheinpromenade Streife. Und wenn Colorado mal einen Pferdeapfel fallen lässt? Kein Problem. Den nimmt Oberkommissarin Hammes auf. Auch das gehört zum Dienst. Und die Karotte, wenn endlich Feierabend ist.

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